Was sind das für Zeiten,wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist,
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt.
Brecht
[...] Um den eindeutigen Verismus eines Objekts geht es hier nicht. Vielmehr treffen hier das charakteristische des jeweiligen Steinstücks und die subjektive Idee der Bildhauerin aufeinander. Dies geschieht im Traktieren des Materials, wenn sich die Gestalt herauskristallisiert, aus deren Oberflächen das Elementare erkennbar wird. Deutlich zeigt sich dies gerade auch an den scheinbar unvollendeten Stücken mit ihren unterschiedlichen Stufen der Gestaltgewinnung - ähnlich wie Rilke an Rodins Skulpturoberflächen vor allem den Ausdruck des Lebens sah, und zwar gerade in den nicht zufällig, sondern konzeptionell fragmentarischen Arbeiten. Die Stimmigkeit von Stein und Idee ist bei Ortrud Kabus die eine Seite, der gelegentliche Eindruck des Nonfinito eine andere - beide zusammen zeigen einen Ausdruck des Lebens, vielleicht sogar: einer Schöpfung. Insofern teilen die Skulpturen auch mit ihrem Ausstellungsort, der Stiepeler Dorfkirche, eine entscheidende Bedeutung. Deren Architektur mit den verwitterten wie restaurierten Steinoberflächen weist ebenso über sich selbst hinaus wie die Skulpturen dies tun; zusammen bilden sie den Prozess des Werdens noch einmal ab.